Donnerstag, 15. Oktober 2015

2 Monate Schule liegen hinter mir


Das ist vermutlich mein 38437 Versuch euch über mein Leben hier zu berichten und einige Sachen in Worte zu fassen. In den ersten Wochen habe ich so eine Art Tagebuch geführt. Darin sammeln sich Einträge wie "Hatte heute einen Taco. Yammiyammi. Die Sonne hat geschienen - so wie jeden Tag." Als mir dann interessante Sachen passiert sind hatte ich wohl keine Lust mehr. Dieses Prinzip verfolgt mich seit meiner Kindheit, in meinen Tagebüchern erfährt man leider nie ob Pascal Jeremy meine Liebe denn nun auch erwidert hat, sondern immer nur ob die Spaghetti vom Vortag noch gut waren. Ich schätze das macht meine Prioritäten klar.
Auch wenn es Tage gibt, an denen ich am liebsten meine Sachen packen und auf dem schnellsten Weg nach Hause kommen würde, bereue ich meine Entscheidung nicht. Etwas das ich hier mal klarstellen möchte ist, dass Austauschjahre völlig unterschiedlich verlaufen können. Wie schnell man integriert wird oder man sich in seine Familie einlebt ist davon abhängig, wohin es einen verschlägt. Stellt euch einen Amerikaner vor, der zu einer streng katholischen Schule in einer bayrischen Kleinstadt kommt und jeden Tag mit seinen Gasteltern Ziegen und Schafe auf Berggipfeln füttern geht. Und nun einen anderen, der sein Jahr in Berlin verbringt, nachmittags mit seinen Freunden im Einkaufszentrum herumhängt und in einem großen Loft an der Hauptstraße wohnt. Irgendwann werden sie die Frage "Und, wie war Deutschland?" gestellt bekommen, doch von völlig anderen Welten berichten. Genauso ist es hier. Nur weil man sich tausende Youtube-Videos angesehen hat, weiß man noch lange nicht was auf einen zukommt. Wenn ihr also baldige Austauschschüler seid, lasst euch nicht verunsichern!
Einige Unterschiede zwischen Texas und Deutschland habe ich euch ja schon im letzten Post aufgezählt, aber jetzt kommen wir mal auf das Thema Schule zu sprechen! Wer kennt es nicht, die ersten 2 Schulwochen in Deutschland: Eine Art widerwilliger Dauerlauf. Verschiedene Räume, verschiedene Fächerreihenfolgen und bis man seinen Rhythmus gefunden hat dauert es einige Tage. (Oder in meinem Fall einige Monate.) Da Amerikaner bekanntlich in der Bildung ein wenig hinterherhängen, wird einem dies hier ganz einfach abgenommen! Die gleichen Fächer! Jeden Tag! Montag bis Freitag! Das ganze Jahr über! Jetzt denkt so mancher vielleicht "Wow, ist das nicht unbeschreiblich langweilig?" Die Antwortet lautet JA! Abwechslungsreich ist wirklich etwas anderes. In den letzten Wochen habe ich 5 Mal meinen Stundenplan geändert. Vermutlich eine natürliche Reaktion darauf, dass ich mich bei dieser Routine zu Tode langweile. Außerdem habe ich gelernt, dass es nicht auf das Fach an sich ankommt, sondern auf die Leute in den Kursen und die Lehrer, die sie unterrichten. Da ich, so wie viele von euch ja sicher wissen, Lehrerin werden will, gibt mir das einen ganz neuen Blickwinkel. Selbst Geografie kann Spaß machen, wenn man es richtig vermittelt. Was trotzdem nichts daran ändert, dass ich sogar lieber Mathe unterrichten würde als den ganzen Tag lang über Steine zu philosophieren. 
Ein weiterer, noch viel wichtigerer Faktor, der einem das Leben schwer macht, ist, dass es keine Frühstückspause gibt. Als typisch deutsches Brotbüchsenkind hofft man also, dass das Magenknurren bis zur vierten Stunde nicht lauter wird, als die Stimme des Lehrers. Danach hat man die Chance klebriges Cafeteria-Essen zu kaufen oder selbst mitgebrachtes Popcorn in der Mikrowelle zuzubereiten. 
Für gewöhnlich vergehen die letzten vier Stunden sehr viel schneller als die ersten vier, aber das ist davon abhängig in was für einer Laune sich meine Theaterlehrerin befindet. (Im Übrigen 4+4=8 Unterrichtsstunden und 3:05 Uhr hat sichs ausgeschult.)
Momentan habe ich folgende Fächer: Englisch (Das Gesprächsniveau in diesem Kurs ist niedriger, als in unserer Englisch-Klasse in Deutschland, traurig aber wahr.), Choir (Lehrerin die nichts macht aber meistens schlechte Laune hat, ist es nun weil sie vergessen hat zu Frühstücken oder weil ihre 17 Jahre alte Katze "aus dem Nichts heraus" verstorben ist.), Child Development (Momentan vergleichen wir Föten mit Obst.), US History (Da das Brotbüchsenkind in dieser Stunde mit Hunger kämpft, weiß es leider nicht was in den letzten 8 Wochen passiert ist.), Theater Arts (45 Minuten mit einer an Gefühlsschwankungen leidende Lehrerin in der Midlife-Crisis, die wohl schon so einige Schüler zum Weinen gebracht hat.), Theatre Production (- Und weil das so schön war, das Ganze gleich nochmal.), Algebra (Würg.), Earth and Space-Science (Eine meiner Lieblingsklassen, jetzt lerne ich endlich wie man Magmatische Steine von Metamorphiten unterscheidet! Ein Traum wird wahr..)
Auch wenn ich das am Anfang nie geglaubt hätte, lerne ich das deutsche Schulsystem tatsächlich zu schätzen. Es ist härter, raubt einem manchmal das letzte bisschen Freizeit und kann einem mit Physik den Tag vermiesen, aber letztendlich lernt man mehr. In Mitten von all diesen unnötigen Detaills über die Organe des Regenwurms bis hin zum Lernen einer dritten Fremdsprache, die man vermutlich nie perfekt beherrschen wird, behält man einige wichtige Sachen im Gedächtnis. Momentan habe ich hier jedoch das Gefühl, dass Informationen an mir vorbeirauschen und sich nicht so festsetzen, wie sie es sollten. Ich hoffe, dass sich das noch ändern wird. Natürlich ist nicht alles schlecht, das ist es nie! Was genau gut ist, erfahrt ihr allerdings erst im nächsten Eintrag, wenn ich mein halbleeres Tagebuch geupdatet habe. Bis dahin erst einmal danke an alle, die durch meinen letzten Facebook-Eintrag zu meinem Blog gelangt sind und sich entschieden haben erneut reinzuschauen. ♥
Bis zum nächsten Mal!